Mit seinen Händen berührt er die Seele vieler Menschen: Tantra-Masseur Christof Helbling hat seine Berufung zu seinem Beruf gemacht. Er distanziert sich von Tantra als Sex-Massagen.
Vielmehr geht es ihm um das ganzheitliche, achtsame, heilsame und meditative Berühren – und Berührtwerden.
Ein wolkenverhangener Tag, feucht und kühl. Gerne schlüpfe ich ins Reich von Christof Helbling: Kerzen flackern, das Licht ist dezent gedimmt. Ein Himmelbett, das von Pfauenfedern umsäumt ist und in das man sich gerne fallen lässt. Im Bad lockt eine reiche Auswahl an Duschdüften.
Obwohl ich weiss, dass Christof hier arbeitet, liegt mir die Frage auf der Zunge, ob er hier wohnt. «Das werde ich ab und zu gefragt. Wahrscheinlich spüren die Leute, dass ich diesen Raum mit Freude eingerichtet habe.»
VON DER KRISE ZUR KRAFT | Der Weg zu diesem gemütlichen Raum und seiner selbständigen Tätigkeit als Masseur führte über eine tiefe Lebenskrise: In seiner damaligen Arbeit und seinem Leben sah Christof keinen Sinn, fühlte sich im Arbeitsumfeld nicht wohl.
Über den Jahreswechsel besuchte er ein Tantra-Neujahrs-Happening, bei dem mit diversen Ritualen Altes verabschiedet und das Neue begrüsst wurde. «Du hast goldene Hände», sagte ihm die Kursleiterin. «Ich dachte zuerst, sie wolle mich für ihre Kurse anwerben. Doch als ich weiter Menschen massierte und dies so gut ankam, beschloss ich, diesen Weg weiterzugehen.»
Christof arbeitete an verschiedenen Orten als Tantramasseur. «Mehr und mehr wollte ich die Hintergründe dessen kennenlernen, wofür ich intuitiv ein Gespür hatte. Also bildete ich mich zum diplomierten Gesundheits- und Tantramasseur weiter.»
Tantra sei eine ganzheitliche Massage- und Berührungsform, die alles einbeziehe: «Auch den Intimbereich, wo die Ur- und Lebenskraft, das Göttliche ist. Dies wird bei anderen Massageformen ausgeklammert – obwohl gerade in diesem Bereich achtsame Berührungen heilend sind und sich auf den ganzen Körper auswirken. Berücksichtigt man den ganzen Körper, verteilt sich die Lebensenergie im ganzen Sein und Wesen.»
INTUITIV UND KREATIV | Bei seinen Massagen ist Christof kreativ, setzt Düfte, Federn, Klänge ein. Er vertraut auf seine Intuition. «Jede Massage ist anders, weil jeder Mensch anders ist. Meist schwingen Themen mit, die wir vorher besprochen haben, die im ausgewählten Duft anklingen oder die ich erahne.»
Seine Massagen sind nicht in erster Linie erotisch, sondern von einem therapeutischen Ansatz begleitet, wie er sagt: «Die Menschen, die zu mir kommen, sehnen sich nach Berührungen und haben meist etwas, das sie umtreibt: ungelöste Fragen, Verletzungen. Berührungen wirken nicht nur auf den Körper, sondern auch auf das Herz, auf die Seele – weshalb häufig Tränen fliessen.»
Weil es tiefer geht, darf man sich bei Christof fallen lassen, hat man genug Zeit: um die Berührungen nachwirken zu lassen, indem man noch eine Zeitlang auf dem Himmelbett liegt – um ausgiebig zu duschen, sich mitzuteilen und sich mit ihm bei einem Tee oder Kaffee auszutauschen. «Darum behandle ich maximal zwei Personen pro Tag. Sie sollen genug Zeit haben, den Finessen nachzuspüren und wieder im Alltag anzukommen.»
Christof ist offen für alle Menschen: «Ich widme mich allen – unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung, Alter oder Gesundheit.»
Auch mit Männern mache er gute Erfahrungen: «Manche wollen erleben, wie es sich anfühlt, von einem Mann berührt zu werden. Sie wollen eine neue Erfahrung machen oder herausfinden, ob sie schwul oder bisexuell sind. Gays erlebe ich als offen, sinnlich und einfühlsam.»
TANTRA ALS LEBENSFORM | Dass viele mit Tantra reine Sex-Massagen assoziieren, findet Christof Helbling schade. «Natürlich gibt es im Rotlicht-Milieu auch solche Angebote – diese haben jedoch wenig mit dem eigentlichen Hintergrund zu tun, bei dem es um das Fliessen und Wahrnehmen von subtiler Energie geht.» (siehe Text „Was ist Tantra“ am Ende des Artikels).
Darum ist für ihn Tantra nicht gleich Massage, sondern eine Lebensform – sein Leben: Christof meditiert regelmässig, achtet darauf, im Moment zu sein und möglichst bewusst zu handeln. ||
CHRISTOF HELBLING | Der 45-jährige Christof ist diplomierter Gesundheitsmasseur sowie diplomierter Tantramasseur IISB®. Früher hat er im Verkauf gearbeitet. Christof Helbling ist Mitglied des Schweizer Fördervereins Tantra und arbeitet nach dessen Richtlinien, die sich von Formen der Prostitution deutlich abgrenzen und auf Achtsamkeit und Respekt Wert legen.
INFOS UND KONTAKT:
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Was ist TANTRA?
Das ursprüngliche, traditionelle Tantra ist eine spirituelle Disziplin aus dem Osten und besteht aus magischen Ritualen. Dabei geht es letztlich darum, eine höhere Ebene des Seins entstehen zu lassen: wo man ganz mit dem Höchsten verbunden ist, fernab von Dualitäten und Polaritäten. Im Westen ist meist das Neo-Tantra bekannt, in Form von Massagen. Da diese – im Gegensatz zu anderen Wellnessformen – die Geschlechtsorgane einbezieht, wird sie oft auf diesen Aspekt reduziert und läuft unter Erotik. Klassische Tantra-Massagen haben jedoch einen spirituellen Hintergrund und Ansatz. Seriöse Masseure verfügen über eine entsprechende Ausbildung.
Info: foerderverein-tantramassage.ch
Tags: DISPLAY Magazin, Tantra, Massage, Wellness
