«Considering Matthew Shepard»

Matthew Shepard wurde ermordet, weil er schwul war. Das bestialische Hassverbrechen bewegte die Welt. Jetzt wird erstmals in der Schweiz ein Werk zu seinem Gedenken aufgeführt. Ein Oratorium gegen Hass und Gewalt. Ein Plädoyer für Offenheit und Toleranz.

Bilder ©1998 Gina van Hoof/SOFAM

Ein Verbrechen aus Hass… und ein Werk der Liebe

Das Schicksal des jungen Matthew Shepard bewegt bis heute. Er hatte nichts Unrechtes getan, und doch wurde er brutal aus seinem Leben gerissen. Allein seine homosexuelle Orientierung war Grund genug, ihn zu ermorden. 

Im Oktober 1998 wird Matthew Shepard, ein junger, schwuler Student an der Universität von Wyoming in Laramie, entführt, geprügelt, an einen Zaun gefesselt und auf einem einsamen Feld dem Tod überlassen. Fast 20 Jahre später reagiert der Komponist Craig Hella Johnson mit einem abendfüllenden Oratorium, das 2016 im Bundesstaat Texas uraufgeführt wird. 

Wort und Musik bilden ein Patchwork, das in dieser Art wohl nur in den USA entstehen kann: Texte von Hildegard von Bingen, Lesléa Newman, Michael Dennis Browne oder Rumi finden sich neben Passagen aus Matts Tagebuch, aus Interviews seiner Eltern und aus Zeitungsberichten. Ebenso eklektisch verfährt Johnson in musikalischer Hinsicht, indem er verschiedenste Stile in abenteuerlicher Art vereint. 

Johnson erzählt die Geschichte von Matthew Shepard nach. Die Grundstruktur dieses Oratoriums ähnelt der von Bachs Passionsmusiken: Die hier gesprochen erzählte Story wird durch Chöre und Songs kommentiert und reflektiert. Stilistisch bedient sich Johnson dabei einer bunten Palette aus Jazz, Gospel, Country, Blues, gregorianischem Choral und Pop, die er mit Genres vom Barock bis zur klassischen Oper kreuzt. Hin und wieder zitiert er dabei auch bekannte Musiken. Direkt am Anfang erklingt das erste Präludium aus dem ersten Teil von Bachs «Wohltemperiertem Klavier». Die aufgebrachten «Kreuzige, kreuzige!»-Rufe im 9. Satz nehmen Bezug auf Bachs «Johannespassion». Im Epilog wird dann wieder das Präludium in das musikalische Geschehen eingebunden. 

Nach der Uraufführung von «Considering Matthew Shepard» schreibt die Washington Post: «Es zeigt uns die Fähigkeit der Musik, Tragödien zu erfassen, zu verwandeln und zu überwinden. Mit ihrer kathartischen Kraft führt sie uns von Schrecken und Trauer zu einem höheren Verständnis des menschlichen Daseins und ermöglicht es uns, standzuhalten». 

Das Werk hat sich mittlerweile in den USA etabliert. In Europa fand im Sommer 2022 eine vielbeachtete Fernsehaufführung mit dem WDR-Rundfunkchor statt: 

https://www1.wdr.de/orchester-und-chor/rundfunkchor/videos/video-considering-matthew-shepard-102.html

Das «Vokalensemble Luzern» mit Schweizer Erstaufführung 

Das erste Projekt unter der Leitung von Pirmin Lang ist eine Schweizer Erstaufführung mit einer leider auch heute wieder aktuellen Thematik, wobei Musik und Umsetzung mit leicht szenischer Anlage den Rahmen des Gewohnten verlassen. Die eigenständige Tonsprache des US-amerikanischen Komponisten, Chorleiters und Pianisten C. H. Johnson wird Aufführende und Zuhörende in seinen Bann ziehen. 

Es wäre dem Werk zu gönnen, einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu werden. Die Thematik, Toleranz und Offenheit gegenüber diversen sexuellen Orientierungen zu fördern, scheint aktueller denn je zu sein. 

11./12. November 2023 Aufführungen in der Johanneskirche Luzern 

Infos und Tickets:

https://www.vokalensemble-luzern.ch