Nemo! Und wer sonst noch so?

Die Schweiz hat den Eurovision Song Contest 2024 gewonnen. Den DISPLAY-Expert:innen war schon im Vorfeld klar: JA! 

Von unseren ESC-Expert*innen Karin Grundboeck und Tom Glanzmann, Eurovision Club Switzerland

Die internationalen Feedbacks zum Schweizer Beitrag sind überwältigend: Von «Masterpiece» über «einmalig» bis zu «geht mir nicht mehr aus dem Kopf». 

Nemo begeistert an der PreParty in Madrid 

Die Stimmung im Club La Riviera in Madrid ist ausgelassen. Alle warten gespannt auf die Performance ihrer Lieblinge. Schon im Vorfeld hiess es unter den Fans, auf Nemos Auftritt sei man besonders gespannt. Der Song unterscheidet sich sehr von den anderen Beiträgen. Umso grösser dann die Spannung, als Nemo im letzten Drittel auf die Bühne kommt. «Are you ready to dance?», feuert Nemo die Fans an. Die Antwort ist klar: Si! 

Nemo überzeugte, mit Stimmgewalt, Ausstrahlung und einer unglaublichen Energie, die den ganzen Club erfüllte. Zum Abschluss der Performance gab es viel Applaus. Nemo präsentierte sich sehr sympathisch und hatte viel Spass auf der Bühne. Das spürten auch die Fans im Publikum. Der Erfolg zeigte sich unmittelbar nach dem Auftritt. Nemo steigt seit Madrid in den Wettquoten und ist bei den Buchmachern mittlerweile auf Platz 1 hochgeklettert. Die Fans dürfen zu Recht darauf hoffen, dass Nemo den ESC zum dritten Mal in der Geschichte in die Schweiz bringen wird. 

Während die Schweizer Fans bereits diskutieren, wo der ESC in der Schweiz denn im Jahr 2025 stattfinden könnte, werfen wir noch einen Blick auf das restliche Teilnehmendenfeld. Kroatien, Italien und Ukraine mit guten Chancen

Im Unterschied zum letzten Jahr gibt es noch keine klare Favoritenrolle. Während Loreen aus Schweden im 2023 die Wettquoten mit grossem Vorsprung anführte, liegen im Moment die Top 3 nah beieinander. Kroatiens Song kam beim heimischen Publikum an und hat sich auch international an die Spitze katapultiert. Dahinter folgen die Ukraine und Italien. Diese drei Länder sehen auch die Schweizer Fans vorne. Nicht zu vergessen ist Olly Alexander. In Grossbritannien ein Star, queer as f*ck und deshalb passend zum ESC (siehe auch das Interview mit Olly auf Seite 16).

Deutsche und Ösis liegen zurück

Unsere Nachbarstaaten Deutschland und Österreich liegen klar hinter der Schweiz. Während sich der österreichische Beitrag von Kaleen «We Will Rave», ein 90er-Jahre-Rave-Kracher, bei den Buchmachern noch auf Platz 12 hält, liegt Deutschland abgeschlagen auf dem 32. Platz. Bedeutet das für Deutschland wieder Zero Points? Sänger Isaak hat, so die Meinung der Schweizer Fans, zwar eine gute Stimme, aber der Song bleibt nicht im Gedächtnis. Es ist eventuell eher ein Song fürs Radio und weniger für die grosse ESC-Bühne.

Nemo, chum bring en hei!

Die Top Ten des Schweizer Fanclubs und die aktuellen Wettquoten unterscheiden sich kaum. Sehen die Buchmacher noch die Niederlande und Griechenland in den Top Ten, stehen die Schweizer Fans hinter Spanien und Litauen. 

Nemo muss Zuschauer:innen und Jury begeistern. Zudem spielt oft die Magie des Abends eine Rolle. Wir hoffen auf einen dritten Sieg der Schweiz und wünschen Nemo viel Erfolg für den Aufritt in Malmö. Um es mit unserem Baschi national zu sagen: «Bring en hei!». 


1 Schweiz

Nemo geht mit dem Song «The Code» für die Schweiz an den Start. 
Nemo stammt ursprünglich aus Biel, lebt aber mittlerweile in Berlin und hat bereits zahlreiche Songs veröffentlicht, darunter die Top-10-Single «Du». Auch renommierte Preise hat Nemo bereits erhalten wie den «Energy Music Award» und den «Swiss Music Award». Nemo nahm ausserdem an «The Masked Singer Switzerland» teil und erreichte dort den 5. Platz. 

Im vergangenen Jahr machte Nemo über Instagram öffentlich, sich als nicht-binär zu identifizieren. Im Lied geht es unter anderem darum, sich selbst jenseits des binären Codes 1/0 zu finden und zu sich zu stehen.

2 Italien 

Latino-Klänge aus Italien: «La noia» von Angelina Mango.

Zum ersten Mal seit zehn Jahren hat eine Frau das Sanremo-Festival gewonnen: Angelina Mango vertritt Italien auch am diesjährigen ESC. «La noia» ist ein rhythmischer, energetischer Song, der typische italienische Elemente mit dem kolumbianischen Cumbia verbindet. 

Im Text geht es darum, auch die Langeweile zu geniessen und sie nicht als negativ anzusehen. Für die Schweizer Fans kommt keine Langweile auf, sie zählen Italien zu den Topfavoriten. 

3 Spanien

Nebulossa vertreten Spanien mit dem Song «Zorra».

Das Ehepaar Nebulossa wird mit dem Retro-Popsong «Zorra» in Schweden antreten. Die beiden konnten Jury sowie Publikum gleichermassen überzeugen. Hinter Nebulossa verbergen sich Sängerin Mery Bas und Keyboarder Mark Dasousa aus Valencia. Sie sind bekannt für ihren Retro-Pop, angelehnt an die 80er. 

«Zorra» bedeutet auf Deutsch «Füchsin», steht aber auch für «Schlampe». Nebulossa betonen, dass Frauen sich nicht alles gefallen lassen sollen. Und wenn man als «Zorra» bezeichnet wird, sollte man dies mit Stolz tragen. Der Song hat die Schweizer Fans überzeugt. 

4 Kroatien 

Baby Lasagna rockt die ESC-Bühne mit «Rim Tim Tagi Dim»

Baby Lasagna war beim kroatischen Vorentscheid der Publikumsliebling. Das Televoting für den Beitrag war überwältigend. Im energiereichen Song geht es um einen jungen Menschen, der sein Zuhause verlässt, um neue Möglichkeiten zu entdecken. Trotz der grossen Träume ist diese Reise mit Panik, Schmerz und Angst behaftet. 

Musikalisch ist «Rim Tim Tagi Dim» über weite Strecken rockig, aber auch melodiös zum Mitsingen. Bei den Buchmachern gehört Kroatien zu den Favoriten. Allerdings kann man Baby Lasagna (was für ein Name)! auch als Nachahmung des letztjährig Zweitplatzierten Finnen Käärijä sehen.

5 Belgien 

Moderne Klänge aus Belgien: «Before the Party’s Over» von Mustii. 

«Before the Party’s Over» ist ein moderner, elektronischer Poptrack mit bombastischen Elementen sowie einem Chor, der aus den Stimmen von internationalen ESC-Fans besteht. 

Das Lied lebt von seiner elektronischen Basis und einer gewissen Melancholie. Mustiis Stimme wirkt wie auch in anderen Songs gleichzeitig kraftvoll und zerbrechlich. Für viele Fans Gänsehaut pur. Für die Schweizer Fans gehört Mustii definitiv in die Top Ten. 

6 Litauen

Litauens Beitrag für den ESC 2024: «Luktelk» von Silvester Belt.

Litauen wird in diesem Jahr einen Beitrag in Landessprache zum ESC schicken: Silvester Belt konnte mit dem Song «Luktelk» den Vorentscheid gewinnen. Den Schweizer Fans gefällt der Song. Der tanzbare Elektropopsong hat einen interessanten Aufbau und geht ins Ohr. 

Auf Deutsch heisst «Luktelk» «Warte ein bisschen». Es geht um eine Person, die sich in einer dunklen, depressiven Phase befindet und eine andere Person bittet, noch einen Moment zu warten und verspricht, den anderen morgen zu lieben.

7 Ukraine

Frauenpower aus der Ukraine: «Teresa & Maria» von alyona alyona & Jerry Heil. 

Die Favoritinnen haben sich durchgesetzt: alyona alyona & Jerry Heil gehen mit dem Song «Teresa & Maria» an den Start und peilen den vierten Sieg der Ukraine an. Für die Schweizer Fans ist das durchaus möglich. Die beiden Sängerinnen haben bereits einiges vorzuweisen. Jerry Heil versuchte schon zwei Male zuvor, die Ukraine beim ESC zu vertreten. Während des Kriegs trat sie auf vielen internationalen Friedensdemos auf und sammelte Geld für ihr Heimatland.
alyona alyona ist eine erfolgreiche ukrainische Rapperin und wurde mit Preisen
überhäuft. Sie macht sich für Themen wie Frauenrechte und Body Positivity stark. 

8 Frankreich

Eine klassische Liebesballade aus Frankreich: Slimane singt über «Mon Amour». 

Ohne Vorentscheidung hat Frankreich einen der erfolgreichsten Künstler des Landes nominiert: Slimane. Und er war einer der Ersten. Der Name des Interpreten und die Ballade wurden im November veröffentlicht. 

Zu Beginn seiner Karriere arbeitete Slimane als Musicalsänger und hatte kleine Auftritte in Bars. 2016 gewann er die französische Ausgabe von «The Voice». Seitdem ist Slimane aus der französischen Musikszene kaum noch wegzudenken. Drei seiner Alben landeten bereits auf Platz 1 der französischen Albumcharts. Die Schweizer Fans hat Slimane vor allem mit seiner gewaltigen Stimme beeindruckt. 

9 Schweden

Tanzbarer Popsong aus Schweden: «Unforgettable» von Marcus & Martinus.

Marcus & Martinus sind die Gewinner des Melodifestivalen 2024. Mit dem Beitrag «Unforgettable» haben sie überzeugt. Nachdem es im Vorjahr mit ihrem Titel «Air» nur für Platz 2 hinter Loreen reichte, fahren die beiden dieses Jahr nach Malmö. Die Zwillingsbrüder Marcus und Martinus Gunnarsen stammen aus Elverum, einer norwegischen Provinz, die an Schweden angrenzt. Sie sind sowohl in Norwegen als auch in Schweden seit Jahren erfolgreich. Ihr Song ist eine eingängige Elektropop-Nummer mit elektrisierendem Beat. Ihre Performance ist aufwändig produziert. Die Schweizer Fans sehen Schweden aber nicht auf dem Podest. 

10 Israel

Eden Golan vertritt mit «Hurricane» Israel.

Israel hat es bei den Schweizer Fans auch in die Top Ten geschafft. Nach langem Hin und Her wird Eden Golan den mit den ESC-Verantwortlichen abgestimmten Beitrag «Hurricane» in Malmö präsentieren. Während die Sängerin bereits als Vertreterin Israels feststand, war der gesamte Auswahl- und Entscheidungsprozess für den israelischen ESC-Beitrag vom Konflikt zwischen Israel und Palästina geprägt. 

Eden Golan stand bereits als Kind als Tänzerin auf der Bühne, mit neun Jahren kam dann der Gesang dazu. 


Gegen 300 Fans sind Mitglied im offiziellen Schweizer Fanclub. 

Wir bringen Schweizer Fans mit der internationalen Community zusammen und halten sie auf dem Laufenden. Dazu gibt es exklusiven Ticket-Zugang, Events vor Ort und für Daheimgebliebene sowie Votings rund um den ESC. Komm auch du dazu: 

www.eurovision-switzerland.com 

Nemo: Endlich frei

«I gloube das bisch du». Damit hat Nemo sich mit 18 in die Herzen der Fans gesungen und landete auf Platz 4 der Schweizer Hitparade. Mittlerweile ist Nemo 24, lebt in Berlin, singt Englisch und bezeichnet sich als nicht-binär – eine eigentliche Befreiung. DISPLAY hat Nemo in einem Berliner Café vor dem grossen Abenteuer ESC getroffen.

Interview Josia Jourdan Bilder Ella Mettler