Vom Barman zum Fitness-Coach

Sein Leben als Barkeeper drohte ihn zu zerstören, doch mit viel Sport und gesunder Ernährung schaffte Jose Sanchez die Verwandlung. Heute will er als Fitness-Coach das Selbstvertrauen der Community stärken.

 

Wer gesund leben und seinen Körper in Schwung bringen will, braucht Disziplin und Ausdauer. Oft holt man sich bei Profis die nötige Unterstützung, wenn es mit der eigenen Motivation nicht klappt. Ein solcher Profi ist Jose Sanchez. Der 31-Jährige ist seit drei Jahren ausgebildeter Fitness-Coach und Ernährungsberater. 

Doch viele kennen den Venezolaner als ehemaligen Barkeeper aus der Cranberry Bar im Zürcher Niederdorf. Denn bevor er Fitness-Profi wurde, war Jose alles andere als sportlich. «Ich war damals übergewichtig, trank zu viel Alkohol und ernährte mich ungesund», erklärt der Zürcher rückblickend. 

Als Barkeeper um die Welt

Jose Enrique Sanchez wuchs in Venezuela auf, bis er mit 15 Jahren mit seiner Familie in die Schweiz zog. Der Teenager landete in Glarus. Dort erlernte er schnell die deutsche Sprache und begann eine Berufsausbildung zum Detailhandelsfachmann. Nach seinem Abschluss zog es ihn dann aber hinter den Bartresen. «Elf Jahre lang habe ich nach meinem Abschluss in der Gastronomie gearbeitet. Anfangs im Gayclub T&M im Niederdorf.» Danach zog es Jose in die Welt hinaus. So arbeitete er als Barkeeper auf Kreuzfahrtschiffen, in Bars in Barcelona, Berlin und Singapur und zuletzt fast zwei Jahre lang im Zürcher Cranberry.

Das Barkeeper-Leben allein war dem Südamerikaner nicht genug. Er fing an, an Bar-Competitions teilzunehmen, wurde mehrfach mit Preisen ausgezeichnet. «Es war eine grossartige Zeit», erinnert er sich zurück. Doch sein Lebensstil wurde für ihn zu gefährlich. «Ich sah keine Chance, ein gesundes Leben zu führen. Man arbeitet dann, wenn andere Spass haben und hat dann Freizeit, wenn die anderen arbeiten. Das ist sicher für viele ok, doch ich spürte, dass ich etwas ändern muss.»

Mit Corona kam die Wende

2020 führte das vermaledeite Virus zu einem globalen Ausnahmezustand. Jose war gezwungen, zuhause zu bleiben, da er seinen Job nicht mehr ausüben konnte. «Ich hatte viel Zeit, um darüber nachzudenken, wie es mit mir weiter gehen soll. Ich hinterfragte meine Gesundheit, meine Fitness und meinen Lebensstil. So fing ich an, regelmässig Sport zu treiben und meine Ernährung umzustellen.» 

Doch nicht nur seine physische, sondern auch seine mentale Gesundheit war zu jener Zeit angeschlagen. «Ich litt unter schweren Komplexen, bekam regelmässig Körbe von Männern und wurde auch selten angesprochen. Zu dieser Zeit war mein Selbstwertgefühl im Keller, denn ich fühlte mich nicht wohl in meiner Haut.»

Etwas musste sich ändern. Doch dieser Wandel ging mit einschneidenden Einschränkungen einher. «Ich habe keinen Schluck Alkohol mehr getrunken, bin nicht mehr feiern gegangen, habe komplett auf
Zucker verzichtet und habe mich gesund ernährt.» Das Ergebnis: Jose verliert in wenigeni Monaten 30 Kilogramm. Heute würde er diesen Weg so nicht mehr einschlagen. «Ich habe mein Ziel zwar erreicht, aber das auf die ungesündeste Art und Weise, die es gibt.» 

Erst durch seine Ausbildung zum Fitness-Coach und Ernährungsberater lernte Jose, wie man sich richtig ernährt und Sport treibt. Zu dieser Zeit absolviert er mehrere Praktika bei erfahrenen Coaches im Gesundheits- und Rückenfitness-Bereich. Später gründet er sogar seine eigene Firma – Sanchez Coach4u. «Darin biete ich persönliche Trainings an, die auf Kundinnen und Kunden und deren Bedürfnisse massgeschneidert sind», so Sanchez. 

Der wohl erste Queer-Coach der Schweiz

Mit seinen Diensten als Fitness-Coach will Jose nun auch anderen helfen, sich selbst wieder gesund zu fühlen. Dafür zielt er direkt auf die Community und will so der erste Queer-Coach der Schweiz werden. «Anderssexuelle trainieren nicht anders als heterosexuelle Menschen. Allerdings ist der Umgang miteinander offener. Man ist vielleicht auch etwas direkter und muss nicht das Gefühl haben, dass man sich gegenüber den anderen verstellen muss.» Sanchez sieht sich als Idealbesetzung für diese Aufgabe. «Ich kenne die Community, lebe und arbeite seit Jahren in ihr und weiss, wie der Hase läuft.»

Aber nicht nur die Kommunikation ändert sich hierbei. Joses Wunsch zu helfen geht tiefer. «Ich weiss, wie es ist, nicht den Schönheitsidealen der Community zu entsprechen und sich deswegen schlecht zu fühlen. Das schlägt auf die Psyche.» Deshalb will Sanchez seinen Leidensgenossinnen und -genossen dabei helfen, sich selbst und das eigene Spiegelbild wieder zu lieben. «Das ist der erste Schritt in ein gesundes Leben», sagt Jose, und ergänzt: «Liebt man sich selbst, so strahlt man dieses Selbstbewusstsein auch aus.»

Training soll Spass machen

Mittlerweile trainiert der ehemalige Barkeeper drei bis vier Kundinnen und Kunden am Tag, fünfmal die Woche. «Davon sind drei alte Bekannte, die ich von früher kenne und die meine Verwandlung miterlebt haben.» Auch Dragqueens nehmen Joses Dienste in Anspruch. «Viele Drags haben das Ziel, für ihre Shows beweglicher zu werden, was bedeutet, dass ich in ihren Trainings mehr Dehnübungen einbaue, um ihnen etwa einen Spagat zu ermöglichen. Natürlich wollen sie auch in ihren Kostümen top aussehen.»

Doch auch wenn die Kundin oder der Kunde sein Ziel erreicht, endet die Arbeit für Sanchez nicht. «Einer meiner Kunden hat in neun Monaten 17 Kilogramm abgenommen und so sein Trainingsziel erreicht. Nach dem Erreichen der Ziele stehe ich weiterhin unterstützend zur Seite und stelle Trainingspläne zusammen, die dann selbstständig weiterverfolgt werden können.» Sanchez betont: «Zuallererst einmal muss das Training Spass machen und erfolgreich sein. Ansonsten wird die nötige
Disziplin nie vorhanden sein.»

Der gebürtige Venezolaner lebt weiterhin seine Überzeugung und sein Mantra allen Freund*innen, Kundinnen und Kunden vor und trainiert diszipliniert selbst fünf bis sechs Mal die Woche. «Ich fühle mich in meinem Körper so wohl wie noch nie. Ich habe sogar ein Sixpack»,
witzelt er. Auf die Frage hin, ob er mittlerweile noch andere Kleider trägt als seine Sporthosen lacht er und sagt: «Nein.»   

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Bilder Nakarin-Fotografie