Der schlimmste Tag deines Lebens

Vier Hochzeiten muss ich diesen Sommer besuchen. Statistisch gesehen werden zwei davon geschieden. Hier mein Vorschlag, wie das verhindert werden kann.  

Kolumne Frank Richter

Es gibt Menschen, die gehen gerne an Hochzeiten. Ich zähle mich nicht dazu. Hochzeiten bedeuten viel Aufwand. Ich muss einen Anzug suchen, ein Hotel buchen, Obacht geben, dass der Anzug nicht dreckig wird, sonst nimmt ihn Zalando nicht mehr zurück. 

Schon mehrfach habe ich eine Woche vor der Hochzeit eine Mail von der Trauzeugin gekriegt, in der steht: «Wir machen ein Rezeptbuch fürs Brautpaar. Schick mir heute Nachmittag dein Lieblingsrezept.» Als ob irgendjemand ein Rezept für Toast Hawaii bräuchte.

Dieses Jahr muss ich meine Sommerferien um die Hochzeiten herum planen. Mir graut es schon jetzt vor der Vorstellung, bei 30 Grad im Schatten leicht angetrunken irgendwelche bescheuerten Spiele zu machen, nur um einen doppeldeutigen Dreckspreis abzustauben. «Gratuliere Frank, du hast eine Traumreise gewonnen!» Und dann wird mir mit einem debilen Grinsen eine Packung Schlaftabletten hingelegt. 

Jede Hochzeit bedeutet ein Minimum von sechs Stunden Smalltalk. Besonders grausam wird der, wenn man in einer Sektlaune ausplaudert, dass man Comedy macht. «Können Sie davon leben? Machen Sie später noch einen Sketch? Kommen Sie irgendwie an Tickets für Divertimento ran?» – Ja, nein und kauf dir deine Tickets selbst!

Hochzeiten gehen ins Portemonnaie. Nicht nur fürs Brautpaar, auch für die Gäste. Ich investiere 200 Franken in ein Geschenk, 200 weitere für eine Hotelübernachtung, 40 für die chemische Reinigung, 100 für die Anreise. Sind 540 Piepen für eine Illusion, die maximal sieben Jahre hält. Denn jede zweite Ehe wird geschieden. Aber ich habe die Lösung, wie wir das verhindern können. Und zwar mit sozialem Druck. 

Die Hochzeit wird allgemein als der schönste Tag des Lebens verkauft. Darum muss die Scheidung zum schlimmsten Tag des Lebens werden. Ich will, dass das Scheitern der Liebe öffentlich zelebriert wird. Alles muss grausam sein am Scheidungstag. Angefangen bei der Location. Die Scheidung findet definitiv in Olten statt, in einem Krematorium. Warum in einem Krematorium? Weil das beweist, dass nur wenige Jahre liegen zwischen Ofen aus und Ofen an. 

Das Scheidungspaar muss nochmals alle Hochzeitsgäste einladen und sich persönlich fürs Ehe-Aus entschuldigen. Jede Entschuldigung darf maximal 59 Sekunden gehen, damit das Video auf Instagram auch gut geklickt wird. Dann muss das Paar allen Gästen erklären, warum die Ehe gescheitert ist. Und zwar pantomimisch. 

Ausserdem will ich, dass die beiden nochmals die Hochzeitskleider tragen. Was vor allem für ihn schwierig wird, weil er in sieben Jahren 14 Kilo zugenommen hat. Sie hingegen hat sich körperlich kaum verändert. Das beweist: Wer schreit, verbrennt Kalorien.

Im Saal liegt ein grosses Scheidungsbuch für die Gäste auf. Dieses Mal ist es nicht für Glückwünsche, sondern für Spesenbelege. Das Scheidungspaar muss nach Sekt und Kuchen bescheuerte Spiele machen, wie bei der Hochzeit. Zum Beispiel ein Ich oder Du, die Reise nach Jerusalem oder einen Tanzwettbewerb. Wer verliert, kriegt die Kinder. 

Direkt danach schicken wir das Scheidungspaar drei Wochen in die Ferien. Aber damit es auch wirklich schlimm wird, kommen die neuen Partner mit. Das sind die sogenannten Scheiterwochen. Drei Wochen Wanderferien im November, irgendwo im Allgäu, bei Nieselregen und 4 Grad. Ich erwarte eine Postkarte. 

Ah, und könnte ich bitte mein Rezept für Toast Hawaii zurückhaben?

Nemo: Endlich frei

«I gloube das bisch du». Damit hat Nemo sich mit 18 in die Herzen der Fans gesungen und landete auf Platz 4 der Schweizer Hitparade. Mittlerweile ist Nemo 24, lebt in Berlin, singt Englisch und bezeichnet sich als nicht-binär – eine eigentliche Befreiung. DISPLAY hat Nemo in einem Berliner Café vor dem grossen Abenteuer ESC getroffen.

Interview Josia Jourdan Bilder Ella Mettler