Sind wir Menschen monogam?

Hallo Tim
Alles, was ich suche, ist ein treuer Partner. Nach unzähligen Enttäuschungen muss ich feststellen: unmöglich. Sind wir Menschen denn tatsächlich gar nicht monogam?
Mark (35)

Hallo Mark
Wie erlebst du es denn bei dir? Spürst du erotische Gefühle anderen gegenüber, auch wenn du in einer Partnerschaft lebst?

Ich verstehe gut, dass du einen Mann suchst und mit ihm eine Beziehung in sexueller Ausschliesslichkeit leben möchtest. Und es kann gut sein, dass dir dieser eine Mann genügt. Zumindest vorerst. Aber die Natur hat uns grundsätzlich nicht so gebaut, dass in diesem Fall andere keinen Reiz mehr auf uns ausüben würden. Wenn du dich für eine Rose entscheidest, verlieren andere Blumen nicht automatisch ihre Attraktivität.

«Wenn du dich für eine Rose entscheidest, verlieren andere Blumen nicht automatisch ihre Attraktivität»

Aus unterschiedlichen Beweggründen machen viele sodann aus einem «Möchte» ein «Ist». Und da die romantische Verklärung von «Ewig Dein» von Kindsbeinen an allgegenwärtig ist, wird dem Mythos Monogamie in unserer Gesellschaft bis heute tüchtig gefrönt.

DAS LÜSTERNE WESEN | Biologisch betrachtet ist dies unsinnig. Monogam lebende Tiere – etwa viele Vögel – brauchen sich nicht «zusammenzureissen», um nicht fremdzugehen. Sie sind – im wahrsten Sinne des Wortes – natürlich monogam. Doch wir Menschen – wie auch die grosse Mehrzahl der anderen Säugetiere – sind polygam. Ja wir Menschen sind – gleichsam mit unseren nahen Verwandten im Tierreich, den Bonobos – gar die lüsternsten Wesen überhaupt auf diesem Planeten.

Trotzdem streben viele sexuelle Ausschliesslichkeit an, zumindest, während sie mit jemandem in einer Partnerschaft leben. Man nennt dies serielle Monogamie. Tiefenpsychologisch betrachtet ist bei serieller Monogamie Anima – der innerseelisch weibliche Teil in jedem von uns – dominant. Wenn umgekehrt Animus – der innerseelisch männliche Teil in jedem Menschen – dominiert, bevorzugt der Betreffende wechselnde Sexpartner.

MÄCHTIGER MYTHOS MONOGAMIE | Nun ist nicht das eine besser als das andere, so wenig wie eine Rose besser oder schlechter ist als ein bunter Blumenstrauss. Aber der Mythos Monogamie übt einen hohen Druck in Richtung treuer Paarbeziehung aus. Wenn zwei Partner bezüglich Anima und Animus unterschiedlich gepolt sind, steht – völlig zu unrecht – daher meist derjenige am Pranger, der nicht nur die eine Rose, sondern den bunten Strauss attraktiv findet.

Solche Partnerschaften stehen daher wiederholt vor Zerreissproben. Dies müsste nicht sein. Eine Paartherapie kann Partnern helfen, Kompromisse zu finden. Ohne Kompromisse und Abmachungen bleibt der ganze Leidensdruck beim einen oder beim anderen.

Herzlich, Tim

Tim-K-Wiesendanger

Tim Wiesendanger steht dir für Fragen gerne zur Verfügung.

Sende deine Fragen mit dem Betreff DISPLAY an: info@tim-kurt-wiesendanger.ch
Tim beantwortet deine Fragen anonym.