Joel am Thunersee

Diesen Sommer wird das Disney-Musical «Der Glöckner von Notre Dame» auf der Thunerseebühne aufgeführt. Einer der 25 Darsteller:innen ist Joel Parnis. DISPLAY hat den sympathischen Australier getroffen. 

Text Mathias Steger  Bilder Flavia Sciullo, Select Agency

Mitte Mai hat der australische Musicaldarsteller Joel Parnis für die Proben und die anschliessenden Aufführungen von «Der Glöckner von Notre Dame» bei den Thunerseespielen eine kleine Studiowohnung in Oberhofen am Thunersee bezogen. Beim Gespräch mit ihm beeindrucken seine herzliche und lockere Art und sein sehr gutes Deutsch. 

Der 36-Jährige ist zum zweiten Mal in Thun mit von der Partie. Letztes Jahr stand er dort in «Mary Poppins» auf der Bühne und freut sich, dieses Jahr beim Glöckner mitzuwirken. Zudem fühlt er sich in der Schweiz wohl. «Ich finde, dass die Leute hier alle sehr freundlich sind und bin begeistert von der Schweizer Natur – auch wenn so manches hier sehr teuer ist», sagt er schmunzelnd.  


Der Glöckner auf der Seebühne 

Die Thunerseespiele finden vom 9. Juli bis 23. August 2025 statt. Die beeindruckende Bühne befindet sich direkt auf dem Thunersee und unter freiem Himmel. Zur Produktion gehören auch ein Live-Orchester und ein Chor. 
Das Musical «Der Glöckner von Notre Dame» basiert auf Victor Hugos Roman und dem Disney-Film von 1996. Es erzählt die Geschichte von Quasimodo, dem Glöckner der Pariser Kathedrale, der abgeschottet von der Welt ein einsames Leben führt. Von der Gesellschaft als Monster abgestempelt, sehnt er sich nach Zugehörigkeit und Liebe. Erst durch Begegnungen mit Menschen, die seine Güte erkennen, beginnt auch Quasimodo, an seine eigenen Werte und seine eigene Persönlichkeit zu glauben. 

Infos: thunerseespiele.ch

 


Der erfolgreiche Musicaldarsteller wurde in Australien geboren, ist dort aufgewachsen und lebt zeitweise auf Malta, da er auch die maltesische Staatsbürgerschaft besitzt. Seit acht Jahren ist er nun in Europa zuhause und seit knapp sieben Jahren in Berlin: «Ich liebe die kulturelle Szene und die Offenheit dieser Stadt». 

Joel lebt in der deutschen Hauptstadt mit seinem Mann Joe Hannan und einer kleinen Hündin zusammen. Im Sommer werden die beiden zu ihm nach Thun reisen, um gemeinsam Zeit in der Schweiz zu verbringen. 

Damit bei den Aufführungen von «Der Glöckner von Notre Dame» im Juli und August alles rund läuft, ist Joel aktuell mit der Cast und dem Kreativteam sechs Tage pro Woche bei den Proben: «Es ist wirklich viel Arbeit, aber es macht Spass». 

Er wird im Stück als Teil des Ensembles mit zahlreichen Gesang- und Tanzeinlagen zu sehen sein. Zudem ist er Zweitbesetzung von Pater Dupin. «Dieser Charakter spielt besonders am Anfang eine wichtige Rolle. Pater Dupin ist ein sehr religiöser Mann, der überzeugt ist von seiner Meinung», erzählt er. «Ich persönlich bin mit seinem Glaubens- und Wertesystem nicht einverstanden. Wir sollten alle offener und sensibler sein als Pater Dupin», betont der Künstler.

Als Aussenseiter ausgegrenzt

Das Musical rund um den Charakter Quasimodo in Notre Dame greift auch den Brand in der weltberühmten Kathedrale im Jahr 2019 auf. «Unsere Inszenierung wird gleichzeitig modern und historisch werden. Ich möchte nicht zu viel verraten, aber der Schweizer Erfolgsregisseur Dominik Flaschka hatte eine wirklich coole Idee, um einen Bezug zum Brand herzustellen», macht Joel auf die Show neugierig.

Nicht nur deshalb ist das Musical auch für die heutige Zeit relevant. «Es stellt sich im Stück immer wieder die Frage, was es heisst, ein ‹Monster› oder im Gegensatz dazu ein ‹normaler› Mensch zu sein», erklärt Joel. Dabei werde darüber geurteilt, wer in der Gesellschaft als Aussenseiter gilt und nicht willkommen ist. «Es geht um Ausgrenzung, um das Gefühl, nicht dazuzugehören. Das Musical hat keine einfachen Antworten auf so komplizierte Fragen. Auch queere Menschen galten lange als unmoralisch und wurden ausgegrenzt. Leider ist das vielerorts noch immer Realität. Vielleicht sollten wir lernen, unsere ersten Eindrücke und Meinungen über Menschen zu hinterfragen, besonders, wenn es um moralische Beurteilungen geht», so der Australier. 

Internationale Karriere 

Joel Parnis kann mit 36 Jahren auf eine beeindruckende Karriere zurückblicken. Er hatte Engagements in Australien, Asien und Europa und war bei renommierten Musicals wie «Les Misérables», «Titanic» oder My Fair Lady» dabei. «Ich habe in meinem Leben viel Glück gehabt und konnte bei vielen guten Shows mitspielen», schildert er bescheiden. 

Ein besonderer Höhepunkt war die Zusammenarbeit mit Regisseurin Dame Julie Andrews für das Musical «My Fair Lady» in Sydney, das dort im weltberühmten Royal Opera House aufgeführt wurde. «Sie ist so ein wundervoller und netter Mensch und leitete die Proben voller Liebe», ist Joel von ihr begeistert. «Sie hat sehr viel für meine Karriere bewirkt und mir beigebracht, Durchhaltevermögen zu zeigen und wie man professionell sein kann und gleichzeitig voller Begeisterung seine Arbeit macht.»

Zukunftspläne 

In Zukunft möchte Joel gerne mehr im Bereich Regie arbeiten und öfter auch mal hinter der Bühne stehen. Zudem würde er gerne etwas mehr Zeit in Berlin verbringen. «Ich habe ein Stück über mich selbst und meine Familie geschrieben und würde mich freuen, wenn ich dieses in nächster Zeit irgendwo auf die Bühne bringen könnte», erzählt er gut gelaunt. 

Und so freuen wir uns darauf, Joel bei «Der Glöckner von Notre Dame» auf dem Thunersee zu sehen und wünschen ihm für die Zukunft weiterhin viel Erfolg – vor und hinter der Bühne.    

Der Glöckner von Notre Dame. Bis 23. August 2025.

Infos: thunerseespiele.ch

Tickets: ticketcorner.ch