Yungblud Rockstar der Generation Z

Yungblud ist laut und direkt. Vor seinem Konzert in Zürich spricht das 25-jährige Rock-Aushängeschild der Generation Z mit DISPLAY über das Leben auf Tour, sein neues Album – und die Liebe. Und schlägt dabei auch leise Töne an.

Interview Josia Jourdan

     

DISPLAY: Yungblud, nach zwei Jahren bist du das erste Mal wieder auf Tour. Wie fühlt es sich an?

Yungblud: Es ist irre. Ich habe mich zwei Jahre abgekapselt gefühlt. Yungblud ist ein Gefühl von Gemeinschaft. Nachdem wir uns so lange nur online oder beschränkt treffen konnten, fühle ich mich jetzt wieder lebendig. Super, all diese Menschen zu treffen! 

Wie sieht dein Tourleben aktuell aus?

Wir reisen mit dem Bus. Nach den Shows feiern wir, trinken, ich rede viel mit meinen Freund*innen und ich schlafe zu wenig. Um 11 Uhr geht’s dann los, ich habe Zeit, mir die Städte anzugucken und am Nachmittag beginnen die Soundchecks, wir trinken. Rock’n’Roll halt. 

Wie machst du das mit Familie und anderen wichtigen Menschen?

Ich fliege viele Leute zu meinen Shows. Einsamkeit ist eine grosse Angst von mir und ich möchte nicht nur für mich, sondern für alle Momente und Orte kreieren, in denen wir zusammen sein können und eine gute Zeit haben. Die Show hat zum Ziel, dass alle Menschen sich wohl und geliebt fühlen. Ich spüre Menschen, ich spüre ihr Alleinsein und ihre Trauer – und ich versuche das zu ändern. 

Woher kommt die Angst vor der Einsamkeit?

Als Kind habe ich viel Zeit in Phantasiewelten gelebt und bin einsam unterwegs gewesen, weil ich mich mit mir und mit dem, der ich war, nicht anfreunden konnte. Ich möchte, dass niemand dieses Alleinsein erleben muss, sondern sich gesehen fühlen darf. Darum setze ich mich in Bars oder Cafés gerne neben einsame Menschen und beginne ein Gespräch mit ihnen. 

«Ich kämpfe, bis wir uns alle mit Liebe begegnen und
Hass nicht mehr so präsent für unsere Community ist»

Kommt daher auch deine Motivation für die Musik?

Auf jeden Fall! Unsere Generation kann so viel verändern auf dieser Welt. Wir haben die Chance und ich glaube daran, dass unser Planet ein besserer Ort sein kann für uns alle. Wir müssen uns bloss dieser Aufgabe stellen. Und ich hoffe, dass ich meinen Teil beitragen kann, indem ich über Themen spreche, mich hinstelle, Liebe verteile und sichere Orte und positive Erlebnisse kreieren kann. 

Vor zwei Jahren hast du das erste Mal im Gay-Magazin «Attitude» über deine eigene Queerness gesprochen.
Wo stehst du heute auf deiner Reise?

Dank dem Internet können wir so viel lernen. Von unserer Generation erhalten dank sozialen Medien viel mehr Stimmen eine Plattform. Davon habe ich selber profitiert. Yungblud bin nicht bloss ich, das sind wir alle, die gemeinsam unterwegs sind und unsere Welt zu einem offenen Ort machen. Dadurch habe ich das Konzept der Pansexualität kennengelernt, mit dem ich mich identifiziere.  Am Ende geht es immer um Liebe, unabhängig von Geschlechtsidentität oder Geschlecht und ich hoffe, dass wir alle gemeinsam unsere Welt über solche Themen aufklären können. Denn es braucht mehr Infos und Diskussionen. Nur so sehen wir unterschiedliche Perspektiven und können uns selber besser kennenlernen. 

Wie funktioniert Dating für dich?

Die Welt schaut immer zu und dieser Druck ist spürbar. Ich fühle mich beobachtet und Szenen werden schnell aus dem Kontext gezogen. Drama wird gesucht, Fotos und Videos verbreiten sich rasend schnell und es entstehen Gerüchte. Aber das ist nicht nur bei mir so, sondern bei den meisten bekannten Persönlichkeiten. Aber abgesehen von dem ist es wunderschön. Ich liebe die Liebe und ich schätze meine aktuelle Partnerin und die gemeinsame Zeit mit ihr. Liebe ist für mich das höchste an Magie, die in unserer Welt existiert.

Du sprichst in deinen Songs auch immer wieder offen über Sex und Sexualität. 

Es ist mir wichtig. Ich glaube, das Thema ist immer noch tabuisiert und ich möchte signalisieren, dass es keine Rolle spielen sollte, ob und wieviel Sex jemand hat. Konsens, also dass sich alle Beteiligten wohlfühlen, ist das Einzige, was zählt. Alles andere, wenn du viel Sex oder keinen haben möchtest, sollte in der individuellen Entscheidung liegen, aber ich finde es schön, darüber zu sprechen, zu singen und damit auch zu zeigen, dass das wichtig ist.

«Liebe ist das höchste an Magie, die in unserer
Welt existiert»

Du setzt dich selbst aktivistisch ein. Mehr als bloss eine Regenbogenfahne auf der Bühne, sondern Proteste, klares Ansprechen und immer wieder auf diesen Themen beharren. Siehst du das als deine Aufgabe?

Es ist leicht für Popstars, eine Regenbogenflagge zu schwingen und dafür Lob einzuheimsen. Aber das verändert nichts. Ich kämpfe so lange, bis wir uns alle mit Liebe begegnen und Hass nicht mehr so präsent für unsere Community ist. Ich möchte etwas verändern. Es geht darum, aus Fehlern zu lernen. Ich wiederhole meine Botschaft, bis der Hass in der Minderheit ist. 

Du hast mit «Yungblud» dein drittes Album draussen. Wovon handelt es?

Es beschreibt mich, meine Künstleridentität und wofür sie steht. Es geht um Liebe, Emotionen, Beziehungen und Selbstfindung. Es ist zensurfrei, wild und ich hoffe, dass ich meinen Fans damit etwas zurückgeben kann. Diese Auftritte auf der Tour beflügeln mich und ich kann es gar nicht erwarten, gemeinsam zu diesem neuen Album auszurasten.

Jetzt, wo du auf Tour bist: Welchen Song spielst du besonders gern live?

Das ganze Album ist diese Mischung aus glücklich und traurig und ich bin komplett im Sog von Noir und New Wave. Ich liebe Punk, Rock und Hip-Hop, aber New Wave ist und bleibt eine meiner liebsten Musikrichtungen. Mit «Mad» habe ich versucht, das einzufangen. Ich liebe den Rhythmus, die Lyrics und die Energie, die darin steckt. Der Song beschreibt ein Gefühl, mit dem wir uns alle in unterschiedlichen Situationen identifizieren können, und das vereint uns.   


Yungblud ist der Künstlername des britischen Musikers Dominic Harrison. Seit 2018 begeistert er mit Punkrock, wilden Auftritten und dem Wunsch, Liebe zu verbreiten. Seit seinem Hit «Parents», aber auch der Kollaboration «I’m Okay» mit Machine Gun Kelly ist die sonst eher rockige Musik auch im Mainstream angekommen. Der 25-Jährige ist bekannt für seine direkte und offene Art, setzt sich für Liebe, Gerechtigkeit und insbesondere LGBTQ+-Rechte ein. Dafür bemalt er durchaus auch mal die Strasse in LGBTQ+ freien Zonen in Polen. Er selbst hat sich lange nicht definiert in seiner Sexualität, hat sich vor rund zwei Jahren jedoch als pansexuell gelabelt. 

Nach gut zwei Jahren erscheint mit «Yungblud» am 2. September sein drittes Studioalbum, in dem er unzensiert über all diese Themen und noch viel mehr singt.