«Supernova»: Bewegendes Demenz-Drama

Am 7. Oktober kommt endlich der Film «Supernova» mit den preisgekrönten Darstellern Colin Firth und Stanley Tucci ins Kino. DISPLAY präsentiert dir die Filmkritik, ein Interview mit dem Regisseur Harry Macqueen und verlost 10 Tickets!

Von Dieter Osswald

Gibt es überhaupt schlechte Filme mit Colin Firth? Einen seiner bewegendsten Auftritte liefert der Oscar-Preisträger in diesem Drama des britischen Jungfilmers Harry Macqueen, das Kamera-Maestro Dick Pope atemberaubend fotografierte.

Ein langsamer Abschied

Ein langjähriges Paar bricht im Camper auf zu einer letzten Reise durch England, um Abschied zu nehmen von Freunden und Familie. Demenz lautet die furchtbare Diagnose. Und die Konsequenz: Lieber seinem Leben in Würde und selbstbestimmt ein Ende setzen statt in völliger Umnachtung perspektivlos dahin zu vegetieren. Doch: wie soll der Partner damit leben?

Soll solch ein Leben noch lebenswert sein? Für Tusker ist die Antwort absolut klar. Sein Partner weigert sich jedoch, den selbstbestimmten Freitod zu akzeptieren. «Ich möchte in Erinnerung bleiben als der, der ich bin. Nicht als der, der ich bald sein werde». erklärt der Schriftsteller. Und fordert: «Wenn du mich liebst, lässt du mich das tun!». 

Ein höchst emotionales Drama mit philosophischer Dimension, dem sich wohl niemand entziehen kann. Schauspielkunst in makelloser Perfektion.

Schau dir hier den Trailer für «Supernova» an!

Mit einem Budget von nur 10’000 Pfund inszenierte der Brite Harry Macqueen sein Debüt-Werk «Hinterland». Für seinen zweiten Streich konnte er nicht nur Oscar-Preisträger Colin Firth begeistern, sondern zudem den zweifach für den Oscar nominierte Kameramann Dick Pope («Mr. Turner») verpflichten. Der inszeniert bildgewaltig die einzigartige Landschaft des nordenglischen Lake District – eine wunderschöne Naturkulisse als brutalstmöglicher Kontrast zum gnadenlosen Schicksal einer grauenhaften Krankheit.

Auf dem Soundtrack glänzen nicht nur «Heroes» von David Bowie und «Catch The Wind» von Donovan, Colin Firth höchstpersönlich spielt am Klavier «Salut d’Amour» von Edward Elgar. Auffallend angenehm gerät der Umstand, dass die sexuelle Orientierung des Pärchens in diesem Drama überhaupt keine Rolle spielt: so sieht Normalität eben einmal aus!

Die grosse Enge im kleinen Bett

Wie die langjährigen Partner miteinander und mit der fatalen Krankheit umgehen, überzeugt durch grossartige Glaubwürdigkeit. Das liegt zum einen an dem psychologisch präzisen Drehbuch mit erstklassigen Dialogen, zum anderen an den beiden hochkarätigen Darstellern, die sich in Hochform präsentieren. Zwischen Tucci und Firth stimmt die Chemie, von jenen kleinen, intimen Momenten bis zum ganz grossen Streit. Trotz des existentiellen Themas bleibt Platz für heitere Pausen: Wie sich die beiden Männer in Sams einstigem Kinderzimmer ins enge Bett zwängen, lässt sich nur mit britischem Humorhintergrund derart leichtfüssig und unangestrengt inszenieren.

«Die Normalität normalisieren!»

Dieter Osswald interviewt Regisseur Harry Macqueen zu «Supernova».

Harry Macqueen wurde 1984 in London geboren und studierte dort Schauspiel. Nach seinem Debüt in «Ich & Orson Welles» von Richard Linklater, inszenierte er nach eigenem Drehbuch «Hinterland» mit einem Mini-Budget von 10’000 Pfund. Für seinen Zweitling «Supernova» konnte Macqueen die Oscar-Preisträger Colin Firth und Stanley Tucci verpflichten. Beide spielen ein langjähriges Liebespaar, das sich auf eine letzte Reise durch England begibt, bevor die Demenz im Endstadium alle Würde vernichtet. 

DISPLAY: Harry Macqueen, wie teuer sind die Musikrechte für «Heroes» von David Bowie?

Macqueen: Ehrlich gesagt, weiss ich das gar nicht genau. Ich erinnere mich daran, dass die Rechte nicht so teuer waren, wie man glauben mag. Die Verwalter des Bowie-Erbes achten genau darauf, wer die Musik verwenden darf. Zum Glück hat ihnen unser Projekt gefallen und wir bekamen «Heroes».

Sie haben ein gutes Händchen für Finanzen, Ihren ersten Film «Hinterland» haben Sie für das Mini-Budget von 10’000 Pfund gedreht.

 Stimmt, das war allerdings ein sehr kleines Projekt. Insgesamt waren wir nur sechs Leute, die «Hinterland» gemacht haben. Ich konnte dabei sehr wertvolle Erfahrungen sammeln, ohne die «Supernova» sicher nicht möglich gewesen wäre.

Wie bekommt man Oscar-Preisträger Colin Firth und Stanley Tucci für die Hauptrollen, wenn man bislang erst einen einzigen Film gedreht hat?

Man ruft einfach an. (Lacht) Zuerst schickten wir Stanley das Drehbuch und er war begeistert. Darauf schaute er sich «Hinterland» an und wir trafen uns. Dabei haben wir uns sehr schnell gut verstanden. Colin hat das Skript ebenfalls gut gefallen, beide haben sich regelrecht in diese Figuren verliebt. Wer welche Rolle spielt, haben wir erst später geklärt.  

Ihr Liebespaar ist schwul, aber das spielt nirgendwo eine Rolle. Ist queer das neue normal?

 Ich möchte Dinge gerne vorwegnehmen, darin besteht für mich die Aufgabe von Kunst. Warum soll man die sexuelle Orientierung nicht als völlig normale Sache darstellen? Die Normalität normalisieren? Schliesslich erzählen wir eine universelle Geschichte über die Liebe und den Verlust im Leben. 

Was halten Sie von der Forderung, wonach queere Figuren nur von queeren Schauspielern verkörpert werden sollten?

 Für mich ist das eine sehr wichtige Debatte, beide Seiten haben durchaus gute Argumente. Wer Filme macht, möchte die besten Schauspieler für seine Geschichte. Die Qualitäten von Stanley und Colin sind mir wichtiger als ihre sexuelle Orientierung. Ich finde, Sexualität ist die Privatangelegenheit jedes Einzelnen.

Dank Ihrem famosen Kameramann Dick Pope zeigen sie die Natur in unglaublicher Schönheit. Gleichzeitig präsentiert sich eine hässliche Fratze in Form einer grausamen Krankheit. Welche Rolle spielt dieser harte Kontrast?

 Ich wollte die unglaubliche Schönheit unserer Welt zeigen und gleichzeitig deren enorme Brutalität. Dieses Spannungsfeld gibt den Rahmen für meine kleine Geschichte ab – dieses Konzept hatte ich bereits bei «Hinterland» angewendet.

Hoffen Sie, dass «Supernova» die Diskussion über Sterbehilfe und das Recht auf einen würdigen Tod neu anfacht?

 Ich hoffe sehr, dass die Zuschauer zum Nachdenken über dieses Thema angeregt werden. Das ist eine sehr wichtige Debatte, die nicht ausreichend geführt wird. Für mich hat der Mensch das Recht, selbst über sein Schicksal zu bestimmen. Die Gesetzeslage, zumindest in Grossbritannien, sieht das leider anders und treibt Leute in die Illegalität – wer möchte das am Ende seines Lebens?

Was halten Sie vom Vergleich mit Michael Haneke und dessen Sterbedrama «Liebe»?

Der Vergleich wäre natürlich ein grosses Kompliment. Allerdings bin ich nicht so vermessen, mich mit Michael Haneke zu vergleichen. Ich bewundere ihn, er gehört zu meinen absoluten Lieblingsregisseuren und mit «Liebe» ist ihm ein grandioses Werk gelungen. Natürlich gibt es Ähnlichkeiten – und hoffentlich sind die schauspielerischen Leistungen in «Supernova» ebenso eindrucksvoll. Und: Wir haben David Bowies «Heroes»! (Lacht)  

«Supernova» läuft ab dem 7. Oktober in Schweizer Kinos.   

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