ENGAGIERTER KÄMPFER GEGEN AIDS

Professor Ruedi Lüthy hilft Tausenden HIV-Infizierten zu überleben – in der von ihm gegründeten Newlands Clinic in Simbabwes Hauptstadt Harare. DISPLAY sprach mit dem Helfer aus Leidenschaft.

Er ist Aids-Spezialist der ersten Stunde: Professor Ruedi Lüthy, 78. Bekannt wurde er auch als Mitbegründer des Zürcher Lighthouse, wo er unzählige Patienten auf ihrem letzten Weg begleitete. Statt seinen verdienten Ruhestand anzutreten, nahm Lüthy 2003 eine neue grosse Herausforderung im Kampf gegen das Virus an: Er zog auf den Kontinent, wo zwei Drittel der weltweit 38 Millionen mit HIV infizierten Menschen leben. In Harare, der Hauptstadt von Simbabwe, gründete er eine Aids-Klinik mit dem Namen Newlands Clinic.

Heute behandeln Professor Lüthy und sein Team rund 6500 Patientinnen und Patienten aus ärmsten Verhältnissen, darunter viele Schwule. Möglich ist sein Engagement dank Spenden aus der Schweiz. DISPLAY traf Professor Lüthy, einen aus tiefster Seele heraus aktiven Helfer, zu einem Gespräch – anlässlich eines Besuchs in der Schweiz.


Ruedi Lüthy, Gründer & Leiter, Newlands Clinic, Harare

DISPLAY: Professor Lüthy, welches war die Motivation, aus der Komfortzone Pensionierung in das Abenteuer einzusteigen, nach Simbabwe zu gehen und sich dort Aidskranken zu widmen?

Prof. Ruedi Lüthy: Mich hat Not und Elend immer schon stark bewegt und das ist immer noch so. Ich habe auch heute immer noch das Bedürfnis, Menschen in Not zu helfen, wenn mir das möglich ist. Dieser innere Impuls war der eigentliche Anstoss, in das Abenteuer Afrika einzusteigen und eine Aidsklinik in Simbabwe zu eröffnen. Es kam aus der Tiefe meines Herzens heraus. 

Wenn Sie gewusst hätten, was Sie da alles an Schwierigkeiten erwartet, wären Sie trotzdem gegangen?

Nach etwas mehr Bedenkzeit, ja. Jeder aidskranke Mensch, dem ich das Leben retten konnte, ist ein Zeugnis dafür, dass es richtig war – und ich mache weiter. Übrigens hatte ich, schon als junger Mann, zusammen mit meiner Frau, die Idee dazu. Aber als ein Kollege, der auf einer Missionsstation arbeitete, mir sagte, so Leute wie mich könne man in so einem Umfeld nicht gebrauchen, hier brauche es Ärzte mit Erfahrung, habe ich die Idee auf später verschoben. Aber die Idee war effektiv schon früh gewachsen.

«Ich habe aufgrund einer inneren  Notwendigkeit gehandelt und kaum über Risiken wie Lohneinbussen oder verpasste 
Karrierechancen nachgedacht.»

Sie haben sicher die Schwierigkeiten und den ethischen Impuls gegeneinander abgewogen. Haben Sie nie gedacht, das Risiko sei zu gross?

Nein, ich habe aufgrund einer inneren Notwendigkeit gehandelt und kaum über Risiken wie Lohneinbussen oder verpasste Karrierechancen nachgedacht.

Ruedi Lüthy bei der Ausbildung von Pflegefachleuten. Bild Simon Huber.

War das grosse Know-how über Aids, das Sie sich am Universitätsspital in Zürich angeeignet hatten, auch ein Beweggrund für Ihr Engagement in Afrika?

Ja, das war ein starkes Motiv. Ich wusste, dass man in Afrika nur ungenügend über die Krankheit Bescheid wusste und habe es dann als meine Pflicht empfunden, mit meinem Wissen dazu beizutragen, dort Leid zu lindern. Hierzulande hatten wir seit der Einführung der sogenannten Dreierkombinations-Therapie ja grosse Erfolge im Kampf gegen HIV/Aids erzielt.

Sie und Ihr Team arbeiten in Simbabwe unter schwierigen Umständen. Wie steht es mit der Sicherheit in Ihrer Klinik?

Ja, die Umstände sind ab und zu unsicher und die Situation in Simbabwe ist momentan äusserst schwierig. Aber wir haben mit der Zeit auch gelernt, den Herausforderungen zu trotzen.

Viele Patientinnen und Patienten der Newlands Clinic leiden an Hunger. 
Hier erhalten Kinder zur Stärkung eine Portion vitaminreiches Porridge.
Bild Patrick Rohr

Und welchen Ruf geniessen Sie in dem Land?

Wir haben glücklicherweise einen guten Ruf. Wir arbeiten eng mit den lokalen Gesundheitsbehörden zusammen und geben unser Wissen im Ausbildungszentrum der Newlands Clinic an Ärzte, Pflegende und andere Kliniken weiter.

Und kennt man die Newlands Clinic im übrigen Land?

Ja, unser Einfluss ist relativ gross und wir werden glücklicherweise auch vom Staat in einem gewissen Rahmen unterstützt. 

Die Newlands Clinic hängt stark von Ihrer Persönlichkeit und Ihrem Knowhow ab. Falls Sie sich zurückziehen, wie geht es dann weiter?

Dafür ist gesorgt, und zwar auf zwei Ebenen – bei der Geschäftsleitung und beim Personal. Ein Glücksfall für mich war, dass meine Tochter Sabine Lüthy 2012 die Geschäftsleitung mit einem versierten Team in Bern übernahm. Die Newlands Clinic ist heute ein effizient geführtes, medizinisches Hilfsprojekt mit einer schlanken Administration. Die Klinik in Harare wird vom medizinischen Leiter Stefan Zimmerli und vom administrativen Direktor Matthias Widmaier geführt. Unterstützt werden sie von mehr als 70 einheimischen Angestellten.

Das Gebäude der Newlands Clinic.
Bild Simon Huber.

…und wie funktioniert das Team?

Die Mitarbeitenden der Klinik sind inzwischen hervorragend qualifiziert und arbeiten mit Leidenschaft. Sie haben im Laufe der Zeit immer mehr Verantwortung übernommen und arbeiten nach hohen medizinischen Standards.

PROFESSOR LÜTHY ÜBER SEINE AKTIVITÄTEN

«Die Ruedi Lüthy Foundation hat», so der Gründer der Hilfsorganisation, «folgendes Ziel: Die Behandlung von mittellosen HIV-Patienten in Harare. Wenn die HIV-Therapie konsequent eingehalten wird, ist das Virus im Blut des Patienten irgendwann nicht mehr nachweisbar und die Patienten sind auch nicht mehr ansteckend.»

DIE THERAPIE | «Wir betreuen zurzeit rund 6500 Menschen und die kommen mehrmals im Jahr vorbei», sagt Lüthy. «Mit Hilfe von Bluttests kann man die Viruslast feststellen. Die Leute sind nicht stationär, sie werden ambulant versorgt – sonst würde die Klinik zu gross und zu teuer», erklärt Lüthy. «Sie bekommen bei uns eine professionelle Behandlung, Tabletten und gehen dann wieder nach Hause.»

ELEND UND ARMUT | Welches sind die grössten Schwierigkeiten, denen der Arzt begegnet? «Viele unserer Patienten leben in so schwierigen Verhältnissen, dass mir die Tränen kommen», bedauert Lüthy, «aber die positiven Emotionen überwiegen». 

SCHWERPUNKT AUSBILDUNG | Zum Hilfsprogramm der Newlands Clinic gehört nebst der eigentlichen HIV-Therapie auch die Ausbildung von Fachleuten. Lüthy: «Jährlich bilden wir rund 800 einheimische Gesundheitsfachleute aus, die ihr Wissen im ganzen Land verbreiten.» 

«Eine Million Kinder wurden hierzulande 
zu Waisen und immer noch sterben 
jedes Jahr etwa 30’000 Menschen an Aids»

VIELE STERBEN IN SIMBABWE | Ruedi Lüthy zur schwierigen Situation im afrikanischen Land: «Simbabwe ist eines der ärmsten Länder in der Region und 15 Prozent der 15- bis 49-Jährigen sind HIV-positiv. Schätzungsweise eine Million Kinder wurden zu Waisen und immer noch sterben jedes Jahr etwa 30’000 Menschen an Aids», erklärt Lüthy.

DIE KLINIK ALS ZUHAUSE | Die Patienten erhalten nicht nur medizinische Hilfe, sondern erfahren auch Zuwendung und Respekt: «Unsere Klinik ist auch ein Zuhause für die Heimatlosen.»

«Für viele Jugendliche ist das Tabu HIV so gross, dass sie nicht einmal mit den  Familienangehörigen darüber sprechen können»

TABU HIV | «Für viele Jugendliche ist das Tabu HIV so gross, dass sie nicht einmal mit den Familienangehörigen darüber sprechen können und sogar die Medikamente verstecken. Da bieten wir ein Netzwerk, das trägt», sagt Ruedi Lüthy.

Jugendliche Patientinnen und Patienten der Newlands Clinic sind meist in schwierigsten Verhältnissen oder als Waisen aufgewachsen. Sie erhalten besondere Unterstützung mit Selbsthilfegruppen und Workshops. Bild Patrick Rohr.

PSYCHISCHE BETREUUNG | Weitere, wichtige Angebote der Newlands Clinic sind die Behandlung von sexuell übertragbaren Infektionen, die Beratung rund um die Familienplanung und Verhütung. Da die psychische Gesundheit einen grossen Einfluss auf den Erfolg der HIV-Therapie hat, kümmern sich Lüthys Mitarbeiter auch um die seelische Gesundheit der Patienten. Jungen Menschen bietet die Newlands Clinic Gruppentherapien an. «Jugendliche», erklärt Lüthy, «brauchen eine besonders enge Betreuung. Mit Gruppentherapien gelingt es, ihnen wieder Mut und Hoffnung auf eine lebenswerte Zukunft zu geben.»

Patient Simba und Vater Augustine bei der Arbeit an ihrem Maisanbauprojekt. Bild Simon Huber.

MEHL UND BOHNEN | Das Hilfsangebot der Klinik geht über die Medizin hinaus ins Karitative. Lüthy: «Rund 300 – und es werden jede Woche mehr – hungerleidende Familien erhalten monatlich Maismehl, Bohnen und pflanzliches Öl. Parallel dazu bieten wir ein Mais-Anbau-Projekt. Die Patienten lernen, wie sie wassersparend Mais anbauen und so selbst für ihre Familien sorgen können.» 

Schulbildung | Auch Schulbildung ist der Ruedi Lüthy Foundation wichtig: Sie finanziert den Schulbesuch der jüngsten Patienten: «Sie sollen», bekräftigt Lüthy, «trotz der grossen Armut zur Schule gehen können».

FAZIT | «Das Engagement der Newlands Clinic ist langfristig angelegt, denn die HIV-Epidemie lässt sich nicht durch kurzfristige Nothilfe stoppen, sondern nur durch ein nachhaltiges Engagement vor Ort. Die Newlands Clinic ermöglicht Tausenden Menschen ein Leben ohne Angst vor der Krankheit.» ||


Unterstütze die Ruedi Lüthy Foundation im Kampf gegen HIV/Aids in Simbabwe mit einer Spende

Postkonto
PC 87-700710-6
IBAN: CH60 0900 0000 8770 0710 6

Am einfachsten kannst du direkt auf der Website der Foundation spenden: ruedi-luethy-foundation.ch


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