Bali, die Sehnsuchts-Insel

Die meisten schwulen Indonesier träumen davon, einmal auf Bali zu leben. Denn nirgends im Land geniessen Gays mehr Freiheit als auf der toleranten Trauminsel.

Text Beat A. Stephan, Bilder Gérald Gloor

Was macht Balis Reiz aus? | Mich faszinieren an dieser indonesischen Insel – nebst den sanften, freundlichen und hilfsbereiten Gays – die romantischen Strände, die eindrücklichen Tempel, die mächtigen Vulkane und erfrischenden Wasserfälle sowie die harmonisch geschwungenen Reisterrassen. Und natürlich die knackigen australischen Surfer, die wagemutig die perfekte Welle reiten.

Auch mein Mann Gérald, ein erklärter Naturfreund, ist begeistert, denn alles grünt und blüht auf dieser tropischen Insel, scheinbar ganz ohne Zutun des Menschen. Frangipani, Bougainvillea, Hibiskus, Orchideen, Strelizien, Lotosblumen: Bali, das ist die pure Fruchtbarkeit!

Stossverkehr und Spiritualität | Auch wenn der hippe Küstenort Seminyak und das Touristenmekka Kuta zu den Stosszeiten in einem irren Verkehrsgewusel untergehen, auch wenn so manche Sehenswürdigkeiten oder Märkte von Touristen geflutet werden, gibt es sie noch, die geheimnisvolle, exotische Trauminsel, die erfüllt ist von einer alles umfassenden Spiritualität.

Selbst wenn Balinesen mit den weniger angenehmen Seiten des Tourismus konfrontiert sind, behalten sie ihre Ruhe und Freundlichkeit. Wir sind auf jeden Fall keinen gehässigen Einheimischen begegnet. Die Insel scheint erfüllt zu sein von einem Geist der Toleranz und Gelassenheit.

Insel der Freiheit | Nun ja, «Balinese» ist ein weiter Begriff. Denn unter den Inselbewohnern gibt es zahlreiche Zugewanderte. Sie kommen aus Java, Jakarta oder Timor. So wie die Gays, die wir kennengelernt haben. Andre, Fahrell, Joko, Mahendra und Agung: Sie alle sind, sobald sie konnten, nach Bali gekommen, auf die Insel ihrer Träume und Sehnsüchte.

Hier haben sie nicht nur einen Job gefunden, hier, in der liberalen Atmosphäre der Trauminsel, dürfen sie sich als schwule Männer ausleben. «Hier können wir Gays so sein wie wir sind, ohne dass uns die Familie oder intolerante Bekannte zu bekehren versuchen», sagen sie einhellig.

In den muslimisch dominierten Teilen Indonesiens sei ein derart offenes Leben fast unmöglich, betonen die fünf Männer. Hier auf Bali leben hingegen vorwiegend Hindus. Die hiesige Ausprägung dieser Glaubensrichtung ist volkstümlich und enthält auch animistische Elemente. Auf der Götterinsel wimmelt es nur so von Tempeln und Götterstatuen, auch in den privaten Gärten.

Und allem, jedem Lebewesen, jedem Baum und Tier, wohnt in den Augen der Balinesen etwas Göttliches inne.

Verbreiteter Ahnenkult | Überall legen die Bewohner der Insel aus Respekt für die Ahnen kleine, aus Palmblättern geflochtene Körbchen hin mit Opfergaben wie Früchten, Blumen, Öl, Salz… Ihr Volksglaube, jenseits aller Dogmatik, scheint eine wichtige Grundlage ihrer Gelassenheit und Geduld zu sein.

Übrigens: Auch als Agnostiker lohnt es sich, eines der fröhlichen Tempelfeste zu besuchen und die farbenfrohen Rituale zu bewundern. Sie entfalten in ihrer urtümlichen universalen Sprache auch für Andersgläubige eine grosse Faszination.

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DIE DISPLAY-TIPPS

Einen Überblick über die Kultur und Geschichte der Insel verschaffst du dir im Bali Museum und im Museum Puri Lukisan. DISPLAY verrät dir lohnende Ausflugsziele.

Meerestempel Tanah Lot

Besonders spektakulär wirkt der Tempel bei Sonnenuntergang.

Uluwatutempel

Der Besuch der auf einer Klippe gelegenen Tempelanlage ist ein Muss! Bei Sonnenuntergang findet hier ein feuriges Tanz- und Theaterspektakel statt. Die Tänzer werden nicht von Instrumenten begleitet, sondern von den Stimmen von 70 Männern. Mit ekstatischen Sprechgesängen versetzen sie sich in Trance.

Künstlermarkt Ubud

Im Künstlerdorf Ubud wird Malerei und traditionelles Handwerk wie beispielsweise Batik verkauft. Der riesige Markt ist ein beliebtes Ziel für Touristen, der Ort ist dementsprechend belebt.

Affenwald in Ubud

Die 700 balinesischen Langschwanzmakaken in Ubuds Sacred Monkey Forest sind ganz schön clever. Sie lassen sich von den Besuchern nicht veräppeln und hocken je nach Lust und Laune auch einmal auf den Kopf eines Langhaarigen, um ihn zu lausen – oder einfach zu necken.

Vogelpark

Der Bali Bird Park ist eine gepflegte Anlage, in der man den exotischen und zum Teil schrägen Vögeln sehr nahe kommt. Gérald fand sofort Anschluss.

Unterkunft

Wer gern nahe der Action ist, sollte in Seminyak wohnen. Wir waren mit den Annora Bali Villas sehr zufrieden. Der Privatpool, die Stube und das Bad sind offen, trotzdem ist die Privatsphäre gewahrt.

GAYLIFE in Seminyak
Das Nightlife in Seminyak ist überschaubar. Die Gay-Bars liegen alle nahe beieinander. Sie bieten mehr oder weniger das Gleiche: Aktuelle Sounds und Gay-Klassiker, Travestie-Shows und Gogo-Boys.

Bali verfügt über unzählige Spas, in denen du dich massieren und verschönern lassen kannst. Für alle Herren, die Berührungsängste gegenüber weiblichen Masseurinnen hegen, gibt es auch Men-only-Spas.

( Bild oben: Raphael Hadad )

Paradies Krabi

Gleite mit einem Longtail-Boot durch die malerische Bucht Phang Nga. Deine Reise führt dich zum legendären Khao Ping Gan mit dem Anblick der Felsinsel Ko Tapu, berühmt aus dem James Bond-Film «Der Mann mit dem goldenen Colt». Entdecke das schwimmende Dorf Ko Panyee und tauche ein in bezaubernde Mangrovenwälder. Ein unvergessliches Erlebnis.