Neues Erbrecht

Hast du ein Testament?

Bald schafft es auch das Schweizer Erbrecht ins 21. Jahrhundert. Das gibt dir neue Freiheiten, um deine Liebsten über den Tod hinaus zu berücksichtigen.

Ein Mann und seine Frau, zwei gemeinsame Kinder, dazu Haus, Hypothek und Hund: Lange Zeit richtete sich das Schweizer Recht nach dieser traditionellen Vorstellung, wie Beziehung und Familie aussehen sollen. Jetzt tut sich etwas im Schweizer Recht: Ab Juli gilt die «Ehe für alle». Auch gleichgeschlechtliche Paare können heiraten und gemeinsam Kinder adoptieren.


Und auch das Erbrecht, das über hundert Jahre alt ist, erhält bald eine Auffrischungskur. Ab Januar 2023 hat die Schweiz ein neues Erbrecht. Das ist eine gute Nachricht für alle, die in einem modernen Familien- und Lebensmodell leben. Denn sie bekommen mehr Möglichkeiten, wem sie ihr Vermögen nach dem Tod zukommen lassen wollen.
Die wichtigste Änderung der Erbrechtsrevision betrifft die Pflichtteile. Das sind die Anteile am Erbe, auf die Kinder, Ehepartner, eingetragene Partner und Eltern im Minimum Anspruch haben. Der Pflichtteil der Kinder wird kleiner. Verheiratete oder in eingetragener Partnerschaft Lebende mit Nachkommen können dem Partner neu bis zu 3/4 ihres Nachlassvermögens vererben statt wie bisher 5/8. Dafür müssen sie das so in einem Testament oder Erbvertrag festhalten.


Durch die Erbrechtsrevision wird der Pflichtteil der Eltern gar ganz gestrichen. Das ist für alle wichtig, die keine Kinder haben und verheiratet sind respektive in einer eingetragenen Partnerschaft leben. Sie können dem Partner neu das ganze Vermögen vererben. Bis jetzt mussten sie wegen der Pflichtteile immer mindestens 1/8 an die Eltern vererben. 

Unverheiratete aufgepasst

Was sich auch mit der Erbrechtsrevi-
sion nicht ändern wird: Paaren, die weder verheiratet sind noch in einer eingetragenen Partnerschaft leben, steht nicht automatisch ein gegenseitiges Erbe zu. Denn wenn es kein Testament gibt, kommt die gesetzliche Erbfolge zur Anwendung. Konkubinatspartner gehen dabei leer aus, weil sie nicht zum Kreis der gesetzlichen Erben gehören.
Was sich aber mit der Revision verbessert: Weil der Pflichtteil der Kinder kleiner wird und jener der Eltern ganz wegfällt, lässt sich der Konkubinatspartner künftig stärker begünstigen als heute. Mit einem Testament kann man dem Lebenspartner maximal die Hälfte zuwenden. Wer keine eigenen Kinder hat, darf sogar sein ganzes Vermögen frei vererben.

Nachlass rechtzeitig regeln

Solltest du warten, bis die Reform Anfang 2023 in Kraft tritt, bevor du deinen Nachlass regelst? Nein: Seinen Nachlass bringt man besser in Ordnung,bevor es dafür vielleicht zu spät ist. Spätestens, wenn du heiratest, Kinder bekommst oder eine Firma gründest, solltest du deine Liebsten absichern. So verhinderst du, dass es bei der Erbteilung Unklarheiten oder Streitigkeiten gibt. Wende dich am besten an eine Fachperson. Sie hilft dir, alles richtig und nach deinen Wünschen zu regeln.


Hast du dich bereits mit der Nachlassplanung beschäftig und alles in einem Testament oder Erbvertrag festgehalten? Gut! Diese Dokumente bleiben auch nach der Erbrechtsrevision weiter gültig. Einige darin gebräuchliche Formulierungen können unter dem neuen Recht aber Fragen aufwerfen. Im schlimmsten Fall wird das Erbe nicht so verteilt, wie du es eigentlich geplant hattest. Es lohnt sich für dich, gemeinsam mit einer Fachperson zu prüfen, ob dein Testament oder Erbvertrag immer noch stimmig ist.