Regisseur David Wagner zur Gay-Soldatenstory «Eismayer», die vom 27. September bis am 1. Oktober am Zurich Film Festival gezeigt wird.
Interview Dieter Osswald
Die Story
Vizeleutnant Charles Eismayer ist der gefürchtetste Ausbilder beim österreichischen Bundesheer. Verheiratet mit Christina Eismayer und Vater eines kleinen Sohnes führt er ein Doppelleben, denn in Wahrheit ist er schwul. Als der junge Mario Falak bei ihm seinen Dienst antritt und dabei offen zu seiner Homosexualität steht, krachen die beiden schicksalhaft aufeinander. «Eismayer» basiert auf der wahren Liebes-, Lebens- und Leidensgeschichte von Charles Eismayer und Mario Falak, die sich nach ihrem Coming-out als erstes schwules Paar in Gardeuniform in einer österreichischen Kaserne das Ja-Wort gaben.
Der Regisseur
1982 geboren, wächst David Wagner im Speckgürtel um Wien auf. Bereits Anfang der 2000er Jahre dreht er leidenschaftlich mit seinen Freunden Kurzfilme, bis es ihn 2003 in die Filmbranche verschlägt. Er lernt am Set wie ein professioneller Film entsteht. Es folgt ein Studium an der NYU – Tisch School of the Arts und ein Master Studium in Regie an der Hamburg Media School. Seine Kurzfilme laufen auf renommierten internationalen Festivals und werden mit mehreren Preisen ausgezeichnet.
Sein erstes Spielfilm-Drehbuch «Eismayer» wird mit dem Script Talent Award 2019 ausgezeichnet. Der Film feiert Premiere auf dem Filmfestival von Venedig. Und startet am 27. September auch beim Zurich Filmfest in Anwesenheit von David Wagner.
Eismayer am Zurich Film Festival
DISPLAY: David Wagner, wie erfährt man von der Einladung nach Venedig?
David Wagner: Die Information habe ich von unserem Produzenten bekommen. Er schrieb mir eine SMS, in der stand: «Check your Email, bro». Darin stand dann, dass Venedig begeistert sei und «Eismayer» einlädt.
«Mich hat diese Liebesgeschichte zutiefst berührt»
Was halten Sie vom Prädikat «Schwuler Full Metal Jacket»?
Wenn man lediglich die Story kennt, kann ich das Prädikat verstehen. Wenn man den Film gesehen hat, wird man ihn vermutlich nicht mehr so einordnen. Die Ausbildungsmethoden sind bei «Eismayer» tatsächlich noch immer so brutal wie bei «Full Metal Jacket» oder «Jarhead»: Man muss die jungen Männer erst einmal brechen, um sie dann neu aufzubauen. Das war früher tatsächlich so auch der Fall beim österreichischen Bundesheer. Allerdings liegt der Fokus bei uns nicht so sehr auf der Ausbildung. Mich hat diese Liebesgeschichte zutiefst berührt: Zwei Soldaten finden zueinander, in einer Welt, in der alles dagegen spricht.
Wie waren Ihre eigenen Erfahrungen beim Militärdienst?
Als Regisseur standen Sie nun auf der anderen Seite und alle hörten auf Ihr Kommando…
Ich muss schon zugeben, das hat Spass gemacht (lacht). Damals fühlte ich mich oft unsicher. Jetzt kam ich in die Kaserne zurück und alle warteten auf meine Befehle: Wo willst du die Autos haben? Wie viele Soldaten sollen wir dir aufstellen? Das war schon ziemlich cool!
Wie sind Sie auf die Story vom Eismayer gestossen?
Ich habe als Filmstudent die Geschichte vom Eismayer in einer Zeitung gelesen und dachte: Das ist der Jackpot für einen Film! Allerdings hatte ich befürchtet, dass diese Story längst von anderen Kinomachern aufgegriffen worden ist. Die Reaktion von meinem Dozenten auf die Idee war dann so überschwänglich, dass ich recherchierte und entdeckte, noch niemand war an dem Stoff dran.
Wie hat Charles Eismayer auf die Idee für einen Film reagiert?
Der Eismayer ist relativ extrovertiert. Am Anfang war er schon skeptisch, zugleich war er interessiert und wollte mich kennen lernen. Er lud mich in seine Wohnung ein und erzählte mir sein ganzes Leben in allen Details. Im Anschluss meinte er, er hätte ein gutes Gefühl und liess mich machen, was ich wollte. Dieses komplette Vertrauen fand ich sehr schön.
Es gab gar keine Einmischung von Eismayer?
In die Geschichte selbst hat er sich nicht eingemischt. Er machte nur Vorschläge bei seinen Dialogen, wenn sie ihm falsch vorkamen. Bei militärischen Dingen hat er gleichfalls darauf aufmerksam gemacht, wenn wir nicht die richtigen Bezeichnungen verwendeten.
Wie reagierte sein Partner Mario Falak auf die Filmidee?
«Die neue Generation geht mit Diversität und Vielfalt viel besser um und zeigt weitaus mehr Toleranz als frühere Generationen»
Etwas überraschend fällt auf, dass es so gut wie keine homophoben Reaktionen der Kameraden auf den schwulen Mario gibt…
Auf Diversität legt auch das Bundesheer mittlerweile grossen Wert, «im gegenwärtigen Ausbildungssystem nehmen der respektvolle Umgang, Diversität und interkulturelle Kompetenz einen besonderen Stellenwert ein», heisst es in der offiziellen Stellungnahme zum Film. Wie sah die Unterstützung aus?
Was sollte das Publikum aus «Eismayer» mitnehmen?